Erika S., 65 Jahre alt, lebt in einem kleinen Ort in der Nähe von München. Auf den ersten Blick führt sie ein unscheinbares Leben: Sie genießt ihren Garten, liest gerne historische Romane und verbringt viel Zeit mit ihrem Hund Max. Doch Erika unterscheidet sich in einem Punkt von den meisten Menschen: Sie hat keine Freundinnen – und sie ist vollkommen glücklich damit.

Kein Mangel, sondern eine bewusste Wahl

„Ich habe nie den Eindruck gehabt, dass mir etwas fehlt“, sagt Erika, während sie eine Tasse Kaffee auf ihrer Terrasse genießt. „Schon als Kind war ich eher der Typ, der seine Ruhe schätzte.“

Tatsächlich hat Erika in ihrem Leben nie eine enge Frauenfreundschaft aufgebaut. Nicht, weil sie abweisend oder unfreundlich wäre – im Gegenteil, sie beschreibt sich selbst als kontaktfreudig und hilfsbereit. Doch sie bevorzugt es, ihre Energie auf ihre Familie, ihre Hobbys und ihre eigenen Interessen zu konzentrieren.

„Ich habe viele Bekannte, aber keine engen Freundinnen. Für mich war es nie wichtig, stundenlang zu telefonieren oder mich regelmäßig mit jemandem zu verabreden. Ich bin gerne alleine, und ich empfinde das nicht als Einsamkeit, sondern als Freiheit.“

Gesellschaftlicher Druck und die Frage nach „Normalität“

Für viele Menschen mag Erikas Lebensstil ungewöhnlich erscheinen. Freundschaften gelten in unserer Gesellschaft als zentraler Bestandteil eines erfüllten Lebens – insbesondere für Frauen, die oft als besonders beziehungsorientiert angesehen werden. Studien zeigen, dass Freundschaften einen großen Einfluss auf die psychische Gesundheit haben können, indem sie emotionale Unterstützung bieten und das Selbstwertgefühl stärken.

Doch Erika sieht das anders. „Ich denke, jeder Mensch hat andere Bedürfnisse. Was für den einen essenziell ist, kann für den anderen belastend sein. Ich habe nie das Bedürfnis verspürt, meine Gedanken mit jemandem zu teilen oder stundenlang über Probleme zu reden. Wenn ich wirklich mal Rat brauche, spreche ich mit meinem Sohn oder einer netten Nachbarin. Aber das ist selten.“

Die Stärken des Alleinseins

Erika betont, dass ihr Lebensstil viele Vorteile hat. Ohne Verpflichtungen gegenüber Freundschaften hat sie mehr Zeit, sich auf das zu konzentrieren, was ihr wirklich Freude bereitet: das Gärtnern, das Malen und ausgedehnte Spaziergänge mit Max. „Ich bin niemandem Rechenschaft schuldig. Ich kann meine Tage so gestalten, wie ich es möchte, und ich liebe dieses Gefühl der Unabhängigkeit.“

Zudem hat Erika ihre emotionale Stabilität über die Jahre aus anderen Quellen geschöpft. Ihre Familie spielt eine zentrale Rolle in ihrem Leben: Ihr Sohn und ihre Schwiegertochter besuchen sie regelmäßig, und ihre Enkelkinder sind eine Quelle der Freude. „Ich habe tiefe Beziehungen, nur eben nicht in Form von Freundschaften. Und das reicht mir völlig.“

Ein Gegenentwurf zur Norm

Erikas Geschichte zeigt, dass es nicht den einen richtigen Weg gibt, ein erfülltes Leben zu führen. Während Freundschaften für viele Menschen von unschätzbarem Wert sind, können andere – wie Erika – ihre Zufriedenheit auch auf andere Weise finden.

Ihr Lebensstil mag ungewöhnlich sein, doch er fordert dazu auf, die gesellschaftlichen Erwartungen zu hinterfragen: Ist es wirklich notwendig, Freundschaften zu haben, um glücklich zu sein? Oder ist es genauso legitim, sich für ein Leben ohne sie zu entscheiden?

„Es geht darum, zu wissen, was man selbst will und was einen zufrieden macht“, sagt Erika mit einem Lächeln. „Das Leben ist viel zu kurz, um es nach den Erwartungen anderer zu leben.“

So lebt Erika weiterhin ihr stilles, aber erfülltes Leben, ohne Freundinnen, aber voller Zufriedenheit – ein inspirierender Beweis dafür, dass es nicht nur einen Weg zum Glück gibt.

Das könnte Sie auch interessieren:

"Wir leben in den Wäldern für nur 120 Euro im Monat, ohne Rechnungen: wir bauen unser eigenes Essen an und gehen nicht einkaufen"

"Vor 22 Jahren habe ich geholfen, ein wunderschönes Mädchen auf die Welt zu bringen: Sie ist jetzt meine Schwiegertochter"