Der Winter steht vor der Tür. Die Tage werden kürzer, die Nächte kälter, und für viele Menschen in Deutschland, die keine feste Unterkunft haben, bedeutet dies eine noch größere Herausforderung. Ein stechender Wind zieht durch die Straßen, und der Regen verwandelt den Asphalt in rutschige Bahnen. In diesen besonders harten Monaten sind Wohnungslose extremen Bedingungen ausgesetzt. In Berlin, einer Stadt, in der mehr als 10.000 Menschen ohne Obdach leben, ist die Lage besonders dramatisch.

Maria, eine Reporterin, trifft sich in einem Café mit Rebecca (27), die seit zwei Jahren wohnungslos ist. Rebecca gehört zu den rund 90.000 Menschen in Deutschland, die keine Wohnung haben – eine Zahl, die seit Jahren stetig wächst. Die Begegnung zwischen Maria und Rebecca ist ruhig, fast schon vertraut, während sie sich auf die bevorstehenden schwierigen Monate vorbereitet.

Wie wurde Rebecca wohnungslos?
„Es ist nicht so, dass es plötzlich passiert ist“, erklärt Rebecca. „Es war ein langer Prozess. Ich bin nach dem Tod meiner Mutter in ein tiefes Loch gefallen. Die Trauer hat mich überwältigt. Irgendwann konnte ich die Miete nicht mehr zahlen, die Schulden haben sich angesammelt. Dann musste ich aus der Wohnung raus.“

Rebecca spricht von der Verzweiflung, die oft mit dem Verlust eines geliebten Menschen verbunden ist, und von den vielen Hürden, die sie überwinden musste. Die Unterstützung von Familie und Freunden war minimal, und als sie schließlich in die Obdachlosigkeit abrutschte, gab es niemanden, der ihr eine Hand reichte. „Es gibt viele bürokratische Hürden, die einen wie mich dann in diese Situation treiben“, sagt sie nachdenklich. „Manchmal fühlt es sich an, als ob das System gegen einen arbeitet.“

Der Winter und die kältegefährliche Realität
Die kalten Monate bringen jedoch eine zusätzliche Belastung. „Es wird einfach unvorstellbar kalt. Man muss immer an etwas denken, um zu überleben. Wohin gehe ich, um nicht in der Kälte zu ersticken? Welche Unterkünfte gibt es, die nicht überfüllt sind?“

In Berlin gibt es Winterhilfen, wie Notunterkünfte und Suppenküchen, die den Wohnungs- und Obdachlosen zumindest einen Teil der benötigten Hilfe bieten. Doch viele dieser Einrichtungen sind überlastet und die Plätze begrenzt. Rebecca erzählt, dass sie oft keine Möglichkeit hat, einen Schlafplatz in einer der städtischen Notunterkünfte zu bekommen. „Die Plätze sind schnell voll, und manchmal muss ich draußen bleiben. Das bedeutet, dass ich in Parks oder unter Brücken Schutz suche – das ist nicht einfach. Man fühlt sich unsicher, die Kälte kriecht in die Knochen.“

Die Herausforderungen im Winter sind jedoch nicht nur physisch, sondern auch psychisch enorm. „Du wirst immer wieder an deine Grenzen gebracht. Du musst dich immer wieder motivieren, auch wenn alles gegen dich spricht. Ich versuche, nicht aufzugeben, aber es ist schwer, wenn du siehst, wie andere Menschen in ihren warmen Wohnungen sitzen und das Leben genießen, während du draußen frieren musst.“

Überleben im AlltagTrotz der enormen Schwierigkeiten hat Rebecca Wege gefunden, sich durch den Alltag zu kämpfen. Sie kennt inzwischen alle warmen Aufenthaltsorte in Berlin, alle Suppenküchen, die auch im Winter geöffnet haben, und die sichersten Plätze, um sich für ein paar Stunden auszuruhen. „Manchmal ist es einfach der Kontakt zu anderen, der einen am Leben hält. Auch wenn wir in einer Gesellschaft leben, die uns oft übersieht, gibt es in diesen Momenten Zusammenhalt.“

„Ich kämpfe jeden Tag“, sagt sie. „Der Winter ist besonders hart, aber ich weiß, dass ich durchhalten muss. Es gibt immer wieder Momente, in denen ich denke, es geht nicht mehr weiter, aber dann hilft es mir, weiter zu machen. Es gibt kleine Dinge, die einem den Tag leichter machen – ein warmes Getränk, ein Gespräch, das nicht nur aus oberflächlichen Worten besteht.“

Doch dieser Kampf um das Überleben ist nicht nur ein Überlebenskampf in den kalten Monaten. Es ist auch ein Kampf um die eigene Würde. Rebecca kämpft, um nicht in der Anonymität der Stadt unterzugehen, um sich einen Platz zu erkämpfen, wo sie sich als Mensch und nicht nur als „Obdachlose“ wahrgenommen fühlt. „Es ist wichtig, dass man die Hoffnung nicht verliert, auch wenn alles dagegen spricht.“

Blick auf die Zukunft
Rebecca blickt hoffnungsvoll in die Zukunft. Sie träumt von einer eigenen Wohnung, einem sicheren Ort, an dem sie nicht mehr um ihr Überleben kämpfen muss. Sie weiß, dass der Weg dorthin steinig ist, aber sie will nicht aufgeben. „Ich möchte irgendwann sagen können, dass ich es geschafft habe. Dass ich den Winter überlebt habe und jetzt einen neuen Anfang machen kann.“

Der Winter ist für viele Menschen, wie Rebecca, eine Zeit der besonderen Not. Die sozialen und politischen Rahmenbedingungen, die Armut und Obdachlosigkeit begünstigen, erfordern dringend eine Veränderung. In einer Gesellschaft, die Wohlstand für viele Menschen verspricht, darf es keinen Platz für solche sozialen Missstände geben. Während der kalte Winter für Rebecca eine besondere Herausforderung bleibt, zeigt sie zugleich eine immense Stärke, die vielen von uns verborgen bleibt. Sie gibt nicht auf – und so wird der Winter auch für sie, wie für viele andere, zu einem weiteren Überlebenskampf.

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