In München, wo die Mieten weiterhin rasant steigen, trifft die finanzielle Belastung besonders ältere Menschen mit niedrigen Renten. Werner Dachs zahlt für seine kleine Wohnung inklusive Nebenkosten fast 70 % seiner Einkünfte. Der Rest bleibt für Lebensmittel, Medikamente und die gelegentliche Busfahrkarte. „Manchmal überlege ich, ob ich mir das Obst im Supermarkt leisten kann oder lieber die billigsten Nudeln nehme“, erzählt er.
Doch nicht nur die hohen Mietpreise belasten ihn, sondern auch die steigenden Kosten für Energie und Lebensmittel. „Früher konnte ich mir ab und zu ein Stück Fleisch leisten, aber jetzt? Das ist unbezahlbar geworden“, sagt er. Eine nachhaltige Besserung ist nicht in Sicht, denn die Sozialhilfe passt sich den Lebenshaltungskosten nicht in ausreichendem Maße an.
Soziale Isolation als unsichtbare Bürde
Neben der finanziellen Not kämpft Werner Dachs auch mit der Einsamkeit. „Ich lade niemanden zu mir ein, weil ich mich für meine Wohnung und meine Armut schäme“, sagt er. Ein Kinoabend, ein Kaffee mit Freunden oder ein Museumsbesuch? All das ist für ihn unerschwinglich. „Die sozialen Kontakte leiden, und das macht einen mit der Zeit auch psychisch kaputt.“
Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sind Senioren wie Dachs nicht nur finanziell, sondern auch sozial besonders gefährdet. Viele ziehen sich aus Scham zurück, was ihre Lebensqualität zusätzlich beeinträchtigt.
Lösungen und Hoffnungsschimmer?
Die Politik hat das Problem der Altersarmut längst erkannt, doch greifbare Lösungen bleiben oft aus. Vorschläge wie eine Grundrente oder höhere Sozialleistungen werden zwar diskutiert, aber die Umsetzung gestaltet sich schleppend. „Ich hoffe, dass sich für die nächste Generation etwas ändert. Für mich selbst mache ich mir da keine Illusionen mehr“, sagt Dachs resigniert.
Dennoch gibt es auch kleine Lichtblicke. Ehrenamtliche Organisationen wie die Münchner Tafel oder Nachbarschaftsinitiativen helfen Menschen wie Werner Dachs mit Lebensmitteln oder sozialen Angeboten. „Das gibt mir ein bisschen Hoffnung, dass ich nicht komplett vergessen werde“, sagt er dankbar.
Ein Appell an die Gesellschaft
Werner Dachs’ Schicksal ist kein Einzelfall. Es steht exemplarisch für viele ältere Menschen, die nach einem arbeitsreichen Leben in Armut geraten sind. Sein Appell richtet sich an die Politik, aber auch an die Gesellschaft. „Wir dürfen die Alten nicht vergessen. Jeder von uns kann irgendwann in diese Situation kommen.“
Am Ende des Gesprächs faltet Werner Dachs seinen Sozialhilfe-Bescheid zusammen und legt ihn auf den Tisch. „Ich mache weiter, irgendwie“, sagt er. Und während er dies sagt, schimmert ein Hauch von Stärke in seinen Augen – eine Stärke, die man oft erst erkennt, wenn man nichts mehr zu verlieren hat.
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