Es ist ein typischer Vormittag in einer kleinen deutschen Stadt. Adeola, 34 Jahre alt und gebürtige Nigerianerin, schiebt den Kinderwagen durch den Park. Neben ihr tapst ihre zweijährige Tochter neugierig voran, während der zehn Monate alte Sohn friedlich schläft. Was auf den ersten Blick wie ein alltägliches Bild einer jungen Mutter mit ihren Kindern wirkt, wird für Adeola oft zum Schauplatz irritierter Blicke und unausgesprochener Zweifel.
Adeola ist mit Markus, einem 37-jährigen Deutschen, verheiratet. Die beiden lernten sich vor sieben Jahren bei einer internationalen Konferenz in Lagos kennen. Schnell entwickelten sich aus gemeinsamen beruflichen Gesprächen tiefe Gefühle. Zwei Jahre später heirateten sie, und Markus zog zu ihr nach Nigeria. Vor drei Jahren entschieden sie sich, nach Deutschland zu ziehen, um näher bei Markus’ Familie zu sein.
Nun leben sie gemeinsam in einem Vorort – eine glückliche Familie, die jedoch oft mit dem Alltag subtiler Vorurteile konfrontiert wird.
Die Kinder, die "ihrem Vater gehören"
Adeola lacht herzlich, als sie über ihre Kinder spricht. „Sie sind das Beste, was uns passieren konnte. Es ist faszinierend, wie sehr sie Markus ähneln – dieselben Augen, dieselbe Nase, dieselbe helle Haut.“ Doch genau diese Ähnlichkeit ist es, die immer wieder für Probleme sorgt.
„Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Leute denken, ich wäre das Kindermädchen“, erzählt sie. Besonders auffällig werde dies, wenn sie allein mit den Kindern unterwegs ist. „Im Supermarkt schauen mich andere Kunden skeptisch an, oder ich höre hinter meinem Rücken Dinge wie: ‚Wie kommen diese Kinder zu ihr?‘“
Adeola musste sogar lernen, die Geburtsurkunden ihrer Kinder mit sich zu führen. „Es ist mir schon zweimal passiert, dass jemand gefragt hat, ob ich wirklich die Mutter bin. Einmal hat sogar eine ältere Dame die Polizei gerufen, weil sie dachte, ich hätte die Kinder entführt.“ Obwohl die Beamten höflich waren, fühlte sich Adeola gedemütigt. „Ich musste ihnen die Dokumente zeigen, um zu beweisen, dass ich die Mutter bin. Das hat mich tief verletzt.“
Markus: „Es ist schmerzhaft, das zu sehen.“
Für Markus ist es schwer zu ertragen, dass seine Frau solchen Erfahrungen ausgesetzt ist. „Adeola ist eine fantastische Mutter. Sie hat so viel Geduld und Liebe für unsere Kinder“, sagt er. Er gibt zu, dass ihm früher gar nicht bewusst war, wie tief Vorurteile in der Gesellschaft verwurzelt sind. „Manchmal denke ich, wenn ich dabei bin, trauen sich die Leute weniger, solche Dinge zu sagen. Aber sobald sie allein ist, zeigen sich die wahren Gesichter.“
Das Paar hat entschieden, offen über diese Probleme zu sprechen, auch mit Freunden und Nachbarn. „Wir glauben, dass Aufklärung wichtig ist“, erklärt Adeola. „Die Leute müssen verstehen, dass Liebe und Familie nicht an Hautfarben gebunden sind.“
Die Herausforderung, anders zu sein
Das Leben in einer interkulturellen Familie bringt neben Liebe und gegenseitigem Respekt auch Herausforderungen mit sich. Besonders Adeola möchte, dass ihre Kinder stolz auf ihre gemischte Herkunft sind. „Ich erzähle ihnen Geschichten aus meiner Heimat, koche nigerianisches Essen und spreche mit ihnen Yoruba. Sie sollen wissen, dass sie aus zwei Kulturen stammen.“
Doch es gibt auch Momente, in denen sie sich fragt, wie ihre Kinder mit den Kommentaren und Blicken umgehen werden, wenn sie älter werden. „Ich hoffe, sie entwickeln ein starkes Selbstbewusstsein und lernen, auf Menschen zuzugehen – auch wenn sie mit Vorurteilen konfrontiert werden.“
Hoffnung und Wandel
Trotz der Herausforderungen bleibt Adeola optimistisch. Sie hat Freunde gefunden, die sie unterstützen, und auch Markus’ Familie ist eine große Hilfe. „Ich bin froh, dass meine Schwiegereltern mich von Anfang an wie eine Tochter behandelt haben. Das hat mir Kraft gegeben.“
Für Adeola und Markus ist es das Wichtigste, ihren Kindern eine liebevolle und stabile Umgebung zu bieten. „Wir wollen, dass sie verstehen, dass ihre Familie etwas Besonderes ist, und dass sie stolz darauf sein können.“
Ihre Geschichte mag einzigartig erscheinen, doch sie steht stellvertretend für viele Familien, die in einer globalisierten Welt Grenzen überschreiten. Adeola hofft, dass die Gesellschaft offener wird. „Es ist 2025. Wir sollten alle erkennen, dass Liebe keine Hautfarbe kennt. Unsere Kinder sind der beste Beweis dafür.
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