Der frühere Bundesinnenminister Otto Schily sorgt mit deutlichen Worten zur deutschen Migrationspolitik für Aufsehen. In einem Interview mit der Welt am Sonntag rechnet der langjährige SPD-Politiker und frühere Grünen-Mitbegründer mit der Flüchtlingspolitik der Ära Angela Merkel ab – und stellt dabei auch unbequeme Zusammenhänge her.
Schily kritisiert insbesondere die seiner Ansicht nach fortgesetzte „politische Quarantäne“ der AfD. Diese Strategie sei nicht zielführend, sondern habe vielmehr dazu beigetragen, die Partei zu stärken. Die Migrationsfrage bezeichnet Schily als „virulent“ – also als ein weiterhin ungelöstes und gesellschaftlich hochbrisantes Problem. Sichtbare Folgen seien eine zunehmende Überlastung der Kommunen sowie eine gestiegene Zahl von Straftaten, die das Sicherheitsgefühl vieler Bürger beeinträchtigten.
Besonders deutlich wird Schily mit Blick auf die politische Verantwortung: Ohne die Politik der „illegalen Massenmigration“ während der Merkel-Jahre, so seine These, hätte die AfD niemals eine solche Stärke erreichen können. Damit widerspricht er der weit verbreiteten Darstellung, der Aufstieg der Partei sei allein auf populistische Mechanismen zurückzuführen. Vielmehr sieht Schily einen direkten Zusammenhang zwischen politischen Fehlentscheidungen und dem Vertrauensverlust großer Teile der Bevölkerung in die etablierten Parteien.
Bemerkenswert ist auch, dass Schily mit dieser Einschätzung internationalen Rückhalt erhält. Er gibt damit indirekt dem früheren US-Präsidenten Donald Trump recht, der Merkels Migrationspolitik bereits in der Vergangenheit scharf kritisiert und als schweren Fehler bezeichnet hatte. Dass ein ehemaliger Bundesinnenminister diese Sichtweise teilt, verleiht der Debatte neues Gewicht.
Für den WELT-Kolumnisten Erik Kirschbaum sind Schilys Aussagen ein längst überfälliger Schritt. Er begrüßt die offenen Worte ausdrücklich und erklärt, er freue sich „über solche Klartext-Politiker“. In Zeiten, in denen politische Diskussionen oft von Floskeln und Ausweichmanövern geprägt seien, seien ehrliche Analysen notwendig – auch wenn sie unbequem seien.
Schilys Interview dürfte die Debatte über Migration, politische Verantwortung und den Umgang mit der AfD weiter anheizen. Klar ist: Die Migrationspolitik bleibt eines der zentralen Konfliktthemen der deutschen Innenpolitik – und Stimmen wie die von Otto Schily zeigen, dass die Aufarbeitung der Merkel-Jahre längst nicht abgeschlossen ist.
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